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Die Kinderrechtsbewegung

„Jede Generation von Kindern bietet der Menschheit eine weitere Chance, aus Ruinen eine neue Welt zu errichten.“
(Eglantyne Jebb)

„Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“

So selbstverständlich dieser Grundsatz erscheint, der nebst weiteren vierzig Kinderrechten wie das Recht auf Bildung, Gleichbehandlung und Schutz vor Gewalt von der UN-Kinderrechtskonvention definiert wird – als diese 1989 als das erste rechtlich bindende Abkommen zum Schutz der Kinderrechte erlassen und in den folgenden Jahren von insgesamt 196 Staaten ratifiziert wird, ist sie ein Meilenstein auf einem sehr langen Weg. Dessen Ziel ist zwar noch nicht erreicht: Die Einhaltung von Kinderrechten ist vielerorts keine Selbstverständlichkeit, erst kürzlich warnte die UNICEF vor den negativen Folgen der Corona-Pandemie insbesondere für Kinder. Doch zweifellos ging es seit Beginn der Kinderrechtsbewegung im 19. Jahrhundert ein großes Stück voran.

Die Kinderrechtsbewegung steckte damals noch in ihren Kinderschuhen.
Bis ins 18. Jahrhundert hinein galten Kinder als unfertige Wesen, die man auf Gehorsam trimmen muss, deren Wünsche und Bedürfnisse irrelevant sind und die in rechtlicher Hinsicht den Eltern nicht einfach nur untergeordnet sind, nein, die als Eigentum des Vaters betrachtet werden. Er allein verfügte über Ausbildung und Zukunftspläne.

Das Zeitalter der Aufklärung brachte eine erste Wende: Nicht nur, dass mit der Menschenrechtserklärung im Zuge der Französischen Revolution 1789 die Freiheit und Gleichheit aller Menschen – somit indirekt auch der Kinder – betont wurde; überdies stellten aufgeklärte Denker wie Johann Heinrich Pestalozzi, Wilhelm von Humboldt und Friedrich Fröbel die Pädagogik auf eine neue Basis. Die Kindheit wurde ab nun als eigenständiger Lebensabschnitt betrachtet, weswegen man Kinder anders behandeln müsse als Erwachsene. Sie bedürften eines speziellen Schutzes von Seiten des Staats, sowohl im medizinischen, sozialen und juristischen Bereich. Übertriebene Züchtigung sollte verboten werden, Kinder vor Gericht nicht länger wie Erwachsene, sondern nach Jugendstrafrecht verurteilt werden, und Schulpflicht, ergo das Recht auf Bildung, wurde nun als etwas gesehen, was der Staat notfalls auch gegen den Willen der Eltern durchsetzen durfte.

Nicht, dass diese Ideale überall ihre Anwendung fanden. Doch im Laufe des 19. Jahrhunderts entstanden erstmals in Deutschland Kinderschutzvereine. Die Öffentlichkeit wurde zunehmend für Unrecht gegenüber Kinder sensibilisiert – betraf dies nun Kinderarbeit oder fehlende Bildungschancen -, und mit der Gründung von Jugendämtern als Instanz, die sich notfalls auch gegen den Willen der Eltern für die Kinder stark machen konnte, setzte sich endgültig das Bewusstsein durch, dass das Wohl der Kinder keine Privatangelegenheit sein darf, sondern etwas, für das jede Gesellschaft, jeder Staat mitverantwortlich ist.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein schließlich war die erstmals Erklärung der Kinderrechte von Seiten des Völkerbunds im September 1924. Wegbereiterinnen für diese waren nicht zuletzt – in ganz unterschiedlichen Feldern – die drei Protagonistinnen meines Romans: Emma Döltz, Clara Grunwald und Eglantyne Jebb.

Porträts von Emma Döltz, Clara Grunwald und Eglantyne Jebb