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Sklaverei im Mittelalter

Sklaverei im Mittelalter

Es ist schwierig, den Umfang des mittelalterlichen Sklavenhandels abzuschätzen, gibt es dafür doch zu wenige archäologische Spuren. Allerdings wird der Handel mit Sklaven in vielen Quellen mehrfach erwähnt. Dass er meist nebensächlich abgehandelt wird, liegt nicht daran, dass er ein Randphänomen war, sondern so selbstverständlich zum Leben gehörte, dass man sich darüber nicht weiter den Kopf zerbrach.
Der Sklavenhandel war ein lukratives Geschäft: Dublin verdankte seinen Einfluss und Reichtum nicht zuletzt seinem Sklavenmarkt, einem der größten im mittelalterlichen Europa. Selbst hochrangige Persönlichkeiten mischten im Sklavenhandel mit – so machte sich die Schwester vom dänischen König Knut als talentierte Sklavenhändlerin einen Namen. Sie war bekannt dafür, vorzugsweise schöne Mädchen aus England in Dänemark zu verkaufen. Sklaven waren auch ein beliebtes „Zahlungsmittel“ – Krieger wurden für ihr Leistungen in Schlachten oft mit menschlicher Ware entlohnt.

Die Herkunft der Sklaven divergiert. In Irland war es z.B. gang und gäbe, dass arme Familien ihre eigenen Kinder verkauften, falls sie diese nicht ernähren konnten. Möglich war auch eine zeitlich begrenzte Schuldknechtschaft – sprich: ein eigentlich freier Mensch arbeitete eine Schuld oder Strafbuße ab.
Sklavenjagden gehörten v.a. in den nordischen Ländern und auch in Irland zur Taktik der Kriegsführung − sie dürften ein beliebtes Mittel gewesen sein, feindliche Sippen zu schwächen.

Die Sklaven von Dublin wurden in alle Welt verkauft. Ihr Leben und ihre sozialer Status unterschieden sich je nachdem, wohin es sie verschlug.
Ein Ort, wo nebst den Hebriden, den Shetland- und Orkneyinseln sowie den Faröern viele Sklaven gebraucht wurden, war Island. Viele Siedler begaben sich in den Jahrzehnten der Landnahme im 9. Jahrhundert vor ihrem Aufbruch auf Sklavenjagden in Irland und Schottland, um später mit genügend Arbeitskräften anzukommen und das unwirtliche Land zu bewirtschaften.
Sklave hieß dort aber nicht Sklave. Es gab fast ein Dutzend nordischer Begriffe für Sklave und Knecht, die die unterschiedlichen Arten der Abhängigkeit beschrieben. Oft war Sklaverei kein lebenslanges Geschick – wer mehr Land, als er selbst bewirtschaften konnte, in Besitz genommen hatte, war daran interessiert, es so bald wie möglich zu besiedeln, was wiederum durch Landabgabe an Verwandte oder Freunde, aber auch an freigelassene Sklaven möglich wurde. Aus vielen Sklaven wurden auf Island einflussreiche Persönlichkeiten.
Die Freilassung war an bestimmte Zeremonien gebunden. In heidnischen Zeiten wurde z.B. ein Widder geschlachtet und diesem dann der der Kopf abgeschnitten – zugleich nahm der bisherige Eigentümer dem Freigelassenen die Kette vom Hals, wodurch dieser offiziell „ein Mann mit freiem Hals“ wurde.
Wikinger bevorzugten es übrigens, Frauen und Kinder zu versklaven, weil sie leichter zu unterwerfen waren. In Island haben genetische Untersuchungen gezeigt, dass die männlichen Siedlung fast alle Norweger, die Frauen dagegen häufig irischer Abstammung waren. Oft heirateten Grundbesitzer ihre Sklavinnen, was diesen zum sozialen Aufstieg verhalf.

Eine hohen Bedarf an Sklaven gab es im Kalifat von Córdoba. Ins maurische Spanien wurden vor allem Männer verkauft, gab es doch einen großen Bedarf an Leibwächtern, Soldaten oder Mitgliedern der Garde des Kalifen. Sehr beliebt waren in diesen Funktionen die großgewachsenen, blonden Slawen. Da man sich durch die Entmannung mehr Gehorsam erwartete, wurden viele dieser Sklaven kastriert. Die Stadt Verdun, aber ebenso Almería waren für ihre „Eunuchenfabriken“ bekannt. Wieviele Iren dieses Schicksal teilten, lässt sich nicht sagen – fest steht, dass in Dublin, ja selbst auf Island arabische Münzen kursierten, was rege Handlungsbeziehungen, die sicher auch Sklaven umfassten, mit dem Süden beweist.

Der mittelalterliche Sklavenhandel brach massiv ein, als auf der Londoner Synode von 1102 ein allgemeines Verbot erlassen wurde.
Bis dahin war die Rolle der Kirche hinsichtlich des Sklavenhandels zwiespältig. Zwar gab es immer wieder hochrangige Kirchenleute, die sich dagegen aussprachen – insbesondere wenn Christen von Heiden versklavt wurden -, und der Freikauf von Sklaven war ein beliebtes Motiv in Heiligenlegenden. Allerdings galt Freiheit nicht an sich als erstrebenswertes Gut. Viele folgten der Meinung des Kirchenlehrers Ambrosius von Mailand, der für einen unweisen Menschen in der Freiheit geradezu einen Schaden sah und in seiner Unterwerfung eine Wohltat.

In England hielt man sich weitgehend an das Verbot, während der Sklavenmarkt von Dublin – wenn auch nicht in einstiger Größe – noch eine Weile weiterbestand. Endgültig beendet wurde der Sklavenhandel dort erst von König Henry Plantagenet, dessen anglonormannische Truppen ab 1166 Teile der Insel eroberten. Aber das ist eine andere Geschichte, wie sie in den Romanen „Die Herren der Grünen Insel“ und „Der Thron der Wölfe“ nachzulesen ist.