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Mode und Freiheit

Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der Frau: Kaum eine Epoche brachte so grundlegende Meilensteine, was die Gleichberechtigung anbelangt. Erst um 1908 war es in ganze Deutschland für Mädchen möglich, das Abitur abzulegen und an der Universität zu studieren. 1919 wurde das Frauenwahlrecht eingeführt. Noch bis 1958 dauerte es, bis eine Frau ohne Erlaubnis ihres Mannes oder Vaters den Führerschein machen konnte. Erst danach durfte sie auch ein eigenes Konto eröffnen, und fast zwanzig Jahre vergingen, bis sie auch ohne Erlaubnis des Mannes arbeiten durfte – falls der vor 1977 dagegen war, hatte er das Recht, hinter ihrem Rücken die Stelle kündigen oder zumindest ihren Lohn für sich zu beanspruchen. Über das Geld der Frau konnte er grundsätzlich verfügen – auch über den Betrag, den sie in die Ehe mitgebracht hatte. Erst in den 90er-Jahren gab es in Deutschland die erste Ministerpräsidentin, und beinahe war 1997 die Jahrtausendwende erreicht, als sexuelle Gewalt in der Ehe auch als Vergewaltigung anerkannt wurde – unter Protest namhafter Politiker.

Die Frauenmode des 20. Jahrhunderts wurde oft zum Spiegelbild der sozialen Entwicklungen, nicht zuletzt, weil Mode durch Medien und Werbung zum Massenphänomen, ja zum Lebensgefühl avancierte. Während des Rohstoffmangels im Ersten Weltkrieg musste Mode notgedrungen praktikabel sein – womit die Todesstunde des Mieders eingeläutet wurde. Die Frau, die in den 20er-Jahren immer mehr ins öffentliche Leben drängte und sich für unkonventionelle Lebensentwürfe begeisterte, kleidete sich androgyn. Der Zweite Weltkrieg unterbrach die Modebegeisterung der 20er und 30er Jahre zunächst, führte aber gleichzeitig aufgrund des Materialmangels zur modischer Improvisation: So wurde damals die Plateausohle modern, weil Schuhe selber gemacht wurden und Kork und Holz leichter zu bekommen war als Leder. In den 1950er Jahren übernahmen die männlichen Designer die Haute Couture, setzten die Modetrends und veränderten die weibliche Silhouette einmal mehr. Die Röcke wurden erneut wadenlang, dank Petticoat-Unterröcke extrem weit und Busen, Po und Hüften deutlich hervorgehoben. Schließlich sollte die Frau vor allem Frau sein – und sich auch gesellschaftlich in jene Rolle fügen, die ihre Welt auf Küche, Kinder und Kirche beschränkte. In den 60er und 70er Jahren entdeckte die jüngere Generation die Mode für sich und nutzte sie als Statement zur Abgrenzung gegenüber den Eltern. Zeitgleich mit dem Entstehen der neuen feministischen Bewegung, trat – als Ausdruck des Protests gegen das Establishment – der Minirock seinen Siegeszug an und griffen Frauen zu Hosen und gar zu Jeans.

Im Roman wird die politische Entwicklung exemplarisch anhand von drei Frauengenerationen nachgezeichnet. Die Mode wird dabei zum Sinnbild für ihren Kampf um Gleichberechtigung und Selbstbestimmung.